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Eines des Buzzwords in der kleinen Welt der Onlineanalyse ist dieses Jahr ohne Zweifel “Kohorten”. Aber wie kann man das in der Praxis nutzen? Ist es nur ein weiteres leeres Modeword, oder ein wichtiger Beitrag zu einer besseren Webanalyse?

Was ist eine Kohorte?

Der Begriff Kohorte wird schon seit langem in der Medizin sowie in der demografischen Forschung verwendet und bezeichnet eine Stichprobe der Bevölkerungsgruppe, die im gleichen Zeitraum die gleiche wichtige Erfahrung gemacht hat.

Wie ermöglicht das neue Perspektiven? Ist das nicht nur eine Umschreibung für Segmentierung?

Natürlich handelt es sich dabei um eine Technik, die in der Segmentierung verwendet wird, aber es gibt einen Unterschied: Damit wird nämlich eine Dimension untersucht, die bisher nicht beachtet wurde: Die Zeit (der Referenzzeitraum).
Die Kohorte bringt die Dreiteilung Visitor/Aktion/Zeitraum in einem Segment zusammen, womit es möglich wird, das Verhalten dieser Population über einen bestimmten Zeitraum zu untersuchen.

Wann kann man mit Kohorten ein Problem lösen, an dem die klassische Segmentierung scheitert?

In allen Fällen, in denen es möglich ist, ein Ereignis mit einem Vergleichszeitraum zu verknüpfen. Wir können noch weitere Beispiele zeigen, in denen Kohorten einen Mehrwert für die Analyse bieten.

Beispiel E-Commerce Site

Nehmen wir eine E-Commerce-Site, die im Jahr zweimal Spitzenwerte bei den Verkäufen erreicht: Sommer- und Winterschlussverkauf.

Der Marketingmanager würde gerne diejenigen Kunden näher untersuchen, die etwas während des Sommerschlussverkaufs bestellen: Woher kommen sie, welche Werbekampagnen haben sie gesehen, was ist ihr Verhaltensprofil und wie viele von ihnen haben auch etwas während des Winterschlussverkaufs bestellt?

In der klassischen Segmentierung, würde der Marketingmanager ein „Conversion“-Segment erstellen (Population mit einem Kauf).

  • Wenn für den Zeitraum der Sommer ausgewählt wird, bekommt der Marketingmanager 1.000 Conversions.
  • Wenn der Winterschlussverkauf ausgewählt wird, bekommt der Marketingmanager 2.000 Conversions.
  • Es gibt keine Informationen über neue Käufe, abgebrochene Bestellungen oder über Neukunden.

Wenn der Marketingmanager aber stattdessen eine Kohorte mit der Population erstellt, die während des Sommers gekauft hat, bekommt er Folgendes:

  • Wenn für den Zeitraum der Sommer ausgewählt wird, bekommt er die gleiche Zahl der Conversions: 1.000.
  • Wenn für den Zeitraum der Winter ausgewählt wird, bekommt er 600 Conversions. Welche Schlüsse kann er daraus ziehen?
  • Von den 1.000 Käufern im Sommer haben 600 auch im Winter etwas gekauft.
    •  = 60 % der Kunden blieben erhalten
    • = 40 % der Kunden gingen verloren
  • Das bedeutet, dass von den 2.000 Käufern im Winter 1.400 Neukunden waren.
    • = 30 % der Kunden blieben erhalten
    • = 70 % sind Neukunden

Mit diesem einfachen Beispiel sehen wir deutlich, welche Art von Informationen man bekommen kann: Der Marketing Manager kann jetzt mit einer genaueren Segmentierung für eine bessere Beschreibung arbeiten (und kann seine Maßnahmen daher besser auf die Zielgruppe abstimmen). Er kann folgende Gruppen untersuchen:

  • Internetnutzer, die zwei Käufe getätigt haben (was haben sie miteinander gemein, haben sie eine bestimmte Anzeige gesehen, haben sie sich für bestimmte Produkte interessiert, usw.?
  • Internetnutzer, die keinen zweiten Kauf getätigt haben
  • Neukunden am Jahresende

Cohorte-schema1-de

Mit dem klassischen Segment können wir zwei Kundensegmente untersuchen:

  • Solche, die im Sommer gekauft haben
  • Solche, die im Winter gekauft haben

Die Kohorte macht es möglich drei weitere Kundensegmente zu untersuchen:

  • Solche, die im Sommer, aber nicht im Winter gekauft haben
  • Solche, die sowohl im Sommer als auch im Winter gekauft haben
  • Solche, die im Winter, aber nicht im Sommer gekauft haben

Der Webanalyst muss dann nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden suchen, um Kundenprofile zu bekommen. Damit kann er sich einen effizienten Aktionsplan überlegen, der auf diese Segmente zugeschnitten ist. Damit zeigt sich, dass die Verwendung von Kohorten die Arbeit eines Webanalysten in Sachen Effizienz wesentlich verbessert.

Das bedeutet nicht, dass man zwischen dem klassischen Segment und der Kohorte wählen muss. Beide lassen sich gut miteinander kombinieren.

Attribute von Segmenten

In der Regel ist es danach nötig einen weiteren Schritt hinzuzufügen, um die Segmente nach neuen Kriterien umzuordnen: Die Attribute (siehe untenstehende Grafik) jedes Segments müssen im Detail untersucht werden, um die verschiedenen Elemente in ihnen zu bestimmen.

Beispiel:

cohort-schem-de

Ein Beispiel einer Attribut-Analyse für das Segment Kunden, die sowohl im Sommer als auch im Winter gekauft haben:

  • 70 % Frauen
  • 85 % im Alter zwischen 35 und 50
  • 68 % aus einer gehobenen sozio-professionellen Schicht
  • 57 % kamen über den Newsletter auf die Site
  • 73 % haben einen Kommentar gelesen
  • 59 % haben einen Kommentar hinterlassen
  • 89 % haben sich das Produktvideo angesehen
  • 93 % haben sich über die Lieferkosten informiert
  • 81 % haben etwas mit freier Lieferung bestellt
  • Usw.

In diesem Beispiel wird die nächste Kampagne deshalb im Newsletter angekündigt. Sie wird ein Video sowie einen Link zu den verschiedenen Kommentaren enthalten. In der nächsten Kampagne wird sich darüber hinaus auch ein Hinweis auf den Mindestbetrag für eine portofreie Lieferung finden. Das Thema der Kampagne werden Produkte für berufstätige Frauen im mittleren und oberen Preissegment sein.

Fazit

Die Kohorte ist ein wichtiger Beitrag zum Segmentierungsprozess indem die Zeit als Referenzpunkt eingeführt wird, der mit einer bestimmen Verhaltensweise in Verbindung steht. Die Kohorte kann allein verwendet werden, aber für die bestmöglichen Ergebnisse sollte man sie zusammen mit der klassischen Segmentierung nutzen. Damit bieten sich Analysten viele neue Möglichkeiten.

In allen Fällen enthält der letzte Schritt eine Neubewertung der Population, die man für die verschiedenen soziodemografischen Daten, Verhaltenskriterien, usw. erhalten hat, die ihrerseits immer präzisere Hinweise für ein verbessertes Targeting liefern.

Hier kommt uns ein Zitat von Pangloss aus Voltaires ‚Candide oder der Optimismus‘ in den Sinn: “Alles geschieht zum Besten in der besten aller Welten.” Wir müssen natürlich objektiv bleiben: die vorgenannten Beispiele haben sich in der Praxis bewährt, aber es gibt auch Einschränkungen:

  • Zunächst setzt die Verwendung von soziodemografischen Kriterien voraus, dass es bereits identifizierte Visitors gibt, sowie eine qualifizierte Datenbank (zum Beispiel ein CRM). Das ist aber nur selten der Fall.
  • Auch wenn wir diese Kriterien ausschließen, gibt es das Problem von Cookies, ihrer Lebensdauer und dem Umgang mit der Privatsphäre.

Ein Thema, das dermaßen wichtig ist, muss in einem eigenen Artikel behandelt werden, weshalb ich hier nicht darauf eingehen werde.
Im Gegensatz zu dem was ein „Guru“ auf dem Feld der Webanalyse (der sich nur theoretisch damit beschäftigt und bestimmte Einschränkungen umgeht) gesagt hat, ist es unsere Verantwortung als wichtiger Anbieter im Bereich digitale Analyse, stets daran zu erinnern, wie wichtig uns diese großen Herausforderungen sind. Durch diese notwendige Erinnerung sind wir in der Lage unsere Überzeugungen für die Arbeit mit Kohorten und den Fortschritt, den Kohorten im Bereich Segmentierung darstellen, zu stützen. Dafür respektieren wir eine vernünftige Lebensdauer von Cookies und eine verlässliche Vertraulichkeitspolitik.

 

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Author

Nach einem theoretischen und praktischen Management- und Einkaufstraining bei Carrefour sowie einem Verkaufstraining bei Procter & Gamble, entwickelte sich JM im Großhandel weiter. Er war in höchster Managementebene für große Supermarkt-, Großeinkaufs- und Logistik-Gruppen tätig. Unter anderem als Central Director auf dem afrikanischen Kontinent. Ende des Jahres 1995 gründete JM ein Internet-Startup und kam drei Jahre später ins Team von Alain Llorens zu AT Internet. Hier arbeitete er im Verkauf und war eine der treibenden Kräfte bei der Kartierung der noch jungen Web Analytics-Welt. JM ist mit 55 seit 2009 der Knowledge Manager des Unternehmens.

2 Comments

  1. Pingback: Webanalyse verwenden um Ihre Website erfolgreich umzugestalten - AT Internet Blog

  2. damienpiller.org

    Good way of explaining, and fastidious article to take facts about my presentation subject matter, which i am going to deliver in college.