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Dubizzle ist die beliebteste Kleinanzeigenseite in den Vereinten Arabischen Emiraten, (Quelle: Effective Measure). Sie bietet Kunden die Möglichkeit Waren in ihrer Umgebung ausfindig zu machen, zu kaufen und zu verkaufen. Die Site wurde 2005 von J. C. Butler und Sim Whatley gemeinsam gegründet. Dubizzle ist auch in 13 anderen Ländern im Mittleren Osten und Nordafrika (MENA) vertreten. Der Mitarbeiterstab und die Bürofläche haben sich im vergangenen Jahr verdreifacht.

Wie wurdest Du eine Webanalystin?

Ich habe einen Bachelorabschluss in Economics und Management von der Otto-von-Guericke Universität in Magdeburg und einen Masterabschluss in Business Studies von der Universität von Amsterdam. Meine Seminare im Bachelorstudium waren stark auf analytische Problemlösungs-Fähigkeiten ausgerichtet. Daneben auch auf die Fähigkeit Geschäftliches von einer höheren Warte aus zu betrachten. Später brachte mich das Masterstudium auf den Geschmack neuer Technologien in einer sich zunehmend entwickelnden und sich verbindenden Welt, in der Informationen als Ware gesehen werden. Diese Verbindung von exaktem, analytischen Denken und der Faszination für die Onlinewelt brachte mich zur Webanalyse. Bevor ich bei Dubizzle anfing, hatte ich schon 2 Jahre Erfahrung mit Webanalyse. Ich habe als Consultant bei Contentmetrics gearbeitet, einem der führenden Webanalyse-Agenturen in Deutschland. Dort habe ich ein intensives theoretisches und praktisches Webanalysetraining bekommen. Ich habe in einem kleinen Team gearbeitet. Wir sind dabei dem Rotationsprinzip gefolgt, d.h. alle 3 oder 4 Monate änderten sich unsere Aufgaben. So habe ich schon mal Reporting, Kundendienst, Kampagnentracking, Implementierungs-Consulting, Tiefenanalyse, NPS-Surveys, Social Media Tracking / Analyse und noch anderes gemacht.

Mein wichtigster Kunde war ein multinationales Unternehmen mit einer großen Onlinepräsenz, das sich sowohl auf B2B als auch auf B2C konzentriert. Jedes Projekt unterschied sich in Umfang, Dauer, Zielen, Beteiligten, usw. Die Arbeit, die ich dort gemacht habe, hat mein Verständnis von der Rolle der Webanalyse in einem Unternehmen enorm bereichert und mir in den verschiedensten Bereichen Erfahrung aus erster Hand beschafft.

Bei Contentmetrics hatte ich mit den verschiedensten Analysetools zu tun. 2010 wurde ich im Zuge meiner beruflichen Qualifikation ein REQB Certified Professional for Requirements Engineering und 2011 erhielt ich ein Zertifikat für Omniture SiteCatalyst 5, Advanced Features & Tools.

Wie würdest Du die digitale Strategie Deines Unternehmens in wenigen Worten beschreiben?

Im April 2013 erreichte der Traffic auf die UAE-Site laut AT Internet einen Wert von 8 Millionen Visits und 2 Millionen Unique Visitors. Im MENA-Gebiet über 7 Millionen Visits und 3 Millionen Unique Visitors (70% davon in Ägypten). Wir erwirtschaften unseren Umsatz durch Anzeigenwerbung, Premiumplatzierungen, gesponsorte Angebote und andere Produkte. Sobald wir in einem bestimmten Markt eine führende Rolle eingenommen haben, beginnen wir mit der Monetarisierung. Deshalb ist die Onlinestrategie unterschiedlich, je nachdem in welcher Phase wir uns in den einzelnen Märkten befinden. Natürlich hat das einen großen Einfluss auf die Webanalysestrategie und die Implementierung.

Wie ist die Webanalyse bei euch im Unternehmen organisiert?

Ich bin Webanalyst und Finanzanalyst. Mein Arbeitsplatz ist in der Finanzabteilung und ich bin dem CFO unterstellt. Damit bekommen wir eine gleichmäßige Messung und verhindern voreingenommenes (zielorientiertes) Reporting. Das Unternehmen hat ein paar unterschiedliche Bereiche in denen Webanalyse benötigt wird (z.B. Marketing, Vorbereitungen für die Markteinführung). Ich bin verantwortlich für alle Implementierungen und das Festlegen der Metriken, sowie Reporting auf höchster Ebene. Der Marketing-Analyst konzentriert sich mehr auf die Analyse von Kampagnen. Die Implementierungen übernehme ich für ihn.

Es ist wichtig, dass der grundlegende Aufbau und alle Definitionen zentral gesteuert werden. Unser Geschäft läuft rein online ab und so müssen wir die Onlinedaten mit Finanzdaten unter einen Hut bekommen. Ohne Integration würde das nicht gehen.

Was sind momentan Deine Aufgaben?

Ich arbeite mit sämtlichen Abteilungen und Divisionen zusammen. Bisher habe ich eher eine strategische Rolle als eine operationale. Meine Hauptaufgabe ist es sicherzustellen, dass das Tracking und das Reporting auf all unseren Sites richtig funktionieren. Deshalb war meine wichtigste Beschäftigung in den letzten 7 Monaten eine neue Analyselösung in Stellung zu bringen und sie einzusetzen: AT Internet. Das beinhaltet die Abstimmung mit dem Anbieter, den technischen Teams, dem Management, Marketing usw. Außerdem sind eine umfangreiche Testphase und weiteichende Entscheidungen nötig.

Momentan ist Phase I (die Implementierung) fast abgeschlossen. Ich habe gerade begonnen an Phase II (Anwendung) zu arbeiten. Das Ziel ist es allen Beteiligten einen einfachen Zugriff zu den benötigten Daten zu gewähren. Dafür braucht man ein stimmiges Reporting, z.B. durch maßgeschneiderte Dashboards für die einzelnen Teams, Daten, die leicht extrahiert werden können, regelmäßige zentrale Reports, etc.

In Phase III werden wir dann die Webanalysedaten mit den anderen Datenquellen im Unternehmen verknüpfen und Detailanalysen entwickeln, die dabei helfen, bestimmte Geschäftsbereiche zu optimieren.

Kannst Du uns kurz beschreiben, wie ein typischer Arbeitstag aussieht?

Ich beginne den Tag mit einem kurzen Blick auf die wichtigsten Statistiken der entscheidenden Märkte. Danach arbeite ich nach Priorität an den verschiedenen Aufgaben und Anfragen.

Zu diesem Zeitpunkt bin ich noch hauptsächlich mit Implementierungsfragen beschäftigt. Ich spüre Bugs in Tracking auf und beseitige sie, überprüfe und teste die Daten von AT Internet, bringe anderen Mitarbeitern bei, wie sie das Interface verwenden können, etc.

Das läuft hauptsächlich über E-Mails / Treffen mit den Entwicklern und den Abteilungsleitern. Das macht ungefähr 50% meiner Zeit aus. Die anderen 50% verteile ich auf die täglichen Aufgaben (z.B. die Performance neuer Funktionen auf der Site zu tracken und zu analysieren, Fragen zum Interface zu beantworten, Daten zu liefern etc.), wöchentliches und monatliches Reporting und Analysen mit einem kleineren Umfang.

Wie denkst Du sieht die Zukunft für Webanalysten aus?

Als ziemlich neue Disziplin hat die Webanalyse in den letzten 5 – 7 Jahren gewaltige Fortschritte gemacht. In der Vergangenheit ging es noch darum Webdaten in ein großes Silo zu packen. Die schnelle Entwicklung des E-Commerce und der ständig wachsende Wettbewerb führten zu einer steigenden Nachfrage nach einer besseren Integration der verschiedenen Online- und Offline-Quellen. Der Fokus der WA wanderte vom einfachen Daten-Tracking und dem Reporting zu fortschrittlicheren Geschäftsanalysen. Die neue Frage der Webanalyse ist nicht „Welche Daten brauchen wir?“ sondern „Wo liegt das Problem und wie lösen wir es?“ oder „Was können wir verbessern und wie?“

Webanalyse gibt sich nicht damit zufrieden einen Blick auf die Zahlen zu werfen und KPIs zu optimieren. Es geht um ein grundsätzliches Verständnis des Geschäftsmodells. Schon bald wird die Webanalyse in allen Geschäftsbereichen noch mehr für das Business Consulting tun  anstatt sich rein auf die Daten von Websites zu konzentrieren.

Was war Dein größter Erfolg als Webanalyst?

In meiner letzten Stelle als Consultant habe ich für viele Projekte gearbeitet, von denen manche sehr erfolgreich waren. Als meinen größten Erfolg sehe ich allerdings das AT Internet-Projekt. Wir haben bei null angefangen und innerhalb von 6 Monaten hatten wir ein sehr nützliches, voll funktionsfähiges und hochgradig personalisiertes Webanalysetool.

Ich habe zu Beginn meine Empfehlung abgegeben ein Angebot auf dem Markt zu verwenden anstatt eine eigene Lösung zu entwickeln. Die Koordination war nicht einfach, denn die Abläufe unterscheiden sich je nach Region und wir haben deshalb sogar einmal darüber nachgedacht, verschiedene Tools zu verwenden. Zu der Zeit waren meine Kollegen zwar gewöhnt mit den Daten zu arbeiten, aber nicht ihre Entscheidungen darauf zu basieren, da ihnen noch nicht die richtigen Daten dafür zur Verfügung standen. Also haben wir uns für ein einziges Tool entschieden.

Was gefällt Dir am meisten an Deiner Stelle?

Was ich daran mag ist, dass sie strategisch ist. Bei uns fließen die Daten zusammen und hier werden die Entscheidungen getroffen. Ich schätze es auch sehr mit vielen verschiedenen Teams zusammenzuarbeiten. Es braucht ein wenig Zeit, bis man eine gemeinsame Sprache gefunden hat, was aber ungeheuer wichtig ist, wenn man verstehen will, was der andere genau braucht und wie man sich am besten auf seinen Bedarf für sein Projekt einstellen kann. Außerdem ist es ein sehr anregender Job, weil jeden Tag neue Herausforderungen auf einen zukommen. Die Garantie dafür, dass es nie langweilig wird!

Fällt Dir eine Anekdote ein oder ein ganz spezieller Anwendungsbereich für die Lösung von AT Internet?

AT Internet hat uns geholfen Probleme bei unserer bisherigen Herangehensweise an die Datenüberwachung aufzuzeigen. Wir hatten uns bisher auf die Statistiken von Google Analytics verlassen und es gab keine Möglichkeit für uns nachzuprüfen, ob unsere Zahlen korrekt sind. Sobald die Lösung von AT Internet voll einsatzfähig war, haben wir viele Unstimmigkeiten in unseren GA-Daten gefunden. Ich erinnere mich noch genau daran, wie uns auffiel, dass eine unserer wichtigsten KPIs – die Zahl neuer Kleinanzeigen – von GA grob unterschätzt worden war. Als wir das heraufanden, haben wir erst einmal gedacht, dass das Problem beim Tracking von AT Internet liegt. Aber nachdem wir alles ausgiebig getestet haben, stellten wir fest, dass die Zahlen von GA danebenlagen. Durch das hohe Datenaufkommen hat GA die Analyse nicht korrekt verarbeitet und eine große Datenmenge einer anderen Kategorie zugeschlagen. Wir hatten auch später noch ähnliche Fälle beim Event-Tracking und beim Mobile Tracking.

Welche Hürden musstest Du in Deiner Karriere als Webanalyst überwinden?

Als ich noch ein Consultant war, musste ich mich mit dem Problem die Webanalyse zu akzeptieren und richtig anzuwenden herumschlagen. Im Einzelnen lässt sich auf folgende Ursachen zurückführen:

  • Keine interne Webanalysekultur – Tracking und Reporting ist eingerichtet, Detailanalysen werden zur Verfügung gestellt aber die Entscheidungsträger sin des nicht gewohnt mit diesen Daten zu arbeiten.
  • Ständig wechselnde Strategie – alles kann sich über Nacht ändern. Es ist nicht möglich zusammenhängende historische Daten zu sammeln und mit Trends zu arbeiten.
  • Fehlendes Budget / Einverständnis in professionelle Werkzeuge zu investieren oder in eigene Ressourcen.
  • Probleme, die damit zusammenhängen, dass die Verantwortlichen das Werkzeug nicht verwenden wollen – typischerweise mit den Argumenten, dass es nicht nutzerfreundlich ist, dass es bereits ein anderes Tool gibt, dass man kein Vertrauen in die Zahlen hat, dass man den Tracking-Code nur schwer implementieren kann, etc.

Andere Probleme standen im Zusammenhang mit schlechter Kommunikation zwischen den Beteiligten. Zum Beispiel:

  • Marketing gegen technisches Team – Man konnte sich nicht immer einigen, was getrackt werden soll und wie das geschehen soll;
  • Höheres Management gegen operationale Ebenen – Erstere verlangten, dass die Abteilungsleiter selbst ihre Daten erheben und analysieren sollten, während die letzteren behaupteten, dass sie nicht die nötigen Ressourcen dafür hätten und das Ganze lieber an eine Agentur abgeben würden.

Bei Dubizzle, gibt uns das Management genügend Entscheidungsfreiheit offen zu kommunizieren und durch Fehler zu lernen.

Welchen Rat würdest Du rückblickend jemandem geben, der als Webanalyst anfängt?

  • Versteh die Branche in der Du arbeitest, versteh die Firma und Deine Abteilung und denk darüber nach, was Dein Unternehmen braucht und will. In der WA geht es nicht darum mit Zahlen zu jonglieren, sondern darum Probleme zu lösen.
  • Lern wie man Prioritäten setzt. Nicht alles was getrackt werden kann, sollte auch überwacht werden. Die Entscheidungsträger nur mit Daten zu überhäufen ohne die entsprechende Interpretation mitzuliefern, bringt gar nichts.
  • Denke dich in die verschiedenen beteiligten Parteien hinein und lern ihre Sprache zu sprechen (Marketing, Tech, Finanzen, etc.). Gibt die Daten / Ergebnisse angepasst an jedes Team weiter. Hier zählen maßgeschneiderte Berichte.
  • Sei bei den aktuellen Entwicklungen / Trends in Deinem Bereich auf dem neuesten Stand. Lies Blogs / Forums und sprich mit anderen Spezialisten. Es gibt immer was zu lernen.

Vielen Dank Valentina, dass Du mit uns über Deine Herausforderungen, Erfolge und Vorstellungen als Web- und Finanz-Analystin gesprochen hast. Es ist fantastisch zu sehen, dass die Stellung eines Analysten immer mehr zu einer strategischen Position innerhalb von Unternehmen wie Dubizzle wird. Wir bei AT Internet fühlen uns privilegiert ein Teil dieser Kultur zu sein. 

 

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